Fortschritt durch Forschung
Die Stadt Gießen ist unter anderem für ihre Hochschulen bekannt, denen verschiedene Exzellenzforschungsinstitute angehören. So wurde 2018 die Justus-Liebig-Universität (JLU) und damit auch die Stadt Gießen durch ein neues Forschungsgebäude auf dem Seltersberg bereichert, das als Sitz des „Centers for Infection and Genomics of the Lung“ (CIGL) dient. Der Baukörper orientiert sich an dem ursprünglichen städtebaulichen Leitgedanken eines Pavillons im Park und zeigt sich als freistehender Solitär.
Die metallische Fassade ist durch ein vertikales Fugenbild geprägt und wickelt sich konsequent um das gesamte Gebäude, das durch dunkle Fensterbänder und pointierte Gebäudeeinschnitte akzentuiert wird.
Erschließung
Der nahezu quadratische, um ein Atrium zentrierte Grundriss ist vorteilhaft durch eine umlaufende Erschließung geprägt und öffnet sich windmühlenartig an den Flurenden zu verglasten Begegnungszonen. So dringt viel Licht in das Innere des Gebäudes.
Mit seinen angenehmen Proportionen fügt sich der zweigeschossige Baukörper des CIGL am Hang wie selbstverständlich in die umgebende Bebauung ein. Ein dunkler, steinerner Sockel trennt das Technikgeschoss von den darüber liegenden Stockwerken.
Exzellenzforschung
Am CIGL wird an insgesamt acht Krankheitsgebieten der Lunge geforscht. Um Vorsorge und Diagnose, sowie individualisierte Therapie und die optimale Versorgung der Patienten zu verbessern, sollen Forschungsergebnisse künftig rascher in die klinische Medizin übertragen werden.
Klinisch gewonnene Gewebeproben werden dafür in der, für bis zu 100.000 Proben vorgesehenen Biobank im Herz des Neubaus gesammelt und der Forschung zugänglich gemacht. Hoch ausgerüstete S2-Sicherheitslabore unterstützen die wichtige Forschung.
BIM im Labor- und Forschungsbau
Als erstes Projekt von hks bei dem der gesamte Planungsprozess, bereits 2014, feldübergreifend mit Building Information Modeling (BIM) erfolgte, nimmt das Forschungsgebäude CIGL einen besonderen Platz innerhalb der Umstellung aller Leistungen auf ein BIM-basiertes System ein. So wurde unter Einbezug aller Projektbeteiligten kollaborativ an einem einheitlichen Gebäudemodell gearbeitet. Gerade im hoch-technisierten Kontext des Labors, in dem teilweise bis zu fünf Installationsebenen übereinander liegen, ist die Zahl möglicher Fehlerquellen hoch.
Durch den umfassenden Einsatz von BIM konnte eine Optimierung des Planungsprozesses, sowie von Ablauf- und Zeitplanung für Einbau und Inbetriebnahme und eine entscheidende Minimierung potenzieller Fehlerquellen durch automatisierte Kollisionskontrolle, im angestrebten zeitlichen und wirtschaftlichen Rahmen, umgesetzt werden. Obgleich die Arbeit mit BIM zu Beginn der Planung Zeit kostet, werden für alle weiteren Planungsschritte ausschließlich Vorteile generiert. So können beispielsweise Wand- oder Deckendurchbrüche zu einem späteren Zeitpunkt effizient und unter Einbezug aller Beteiligten zügig geprüft und geändert werden. Änderungen am Modell werden direkt in die jeweiligen Grundrisse, Schnitte und Ansichten übertragen.
Mehrwert der Planung mit BIM
Auch bei Planungsabschluss wird ein erheblicher Vorteil deutlich, da sämtliche Planungsstände und Arbeitsschritte leicht nachvollziehbar sind und eine eventuelle Weiterplanung in der Zukunft vielfach erleichtert wird. Ein gefordertes, in der Umsetzung jedoch finanziell unwirtschaftliches Musterlabor im Maßstab 1:1 konnte zudem als interaktive Alternative auf Basis von BIM vorgeschlagen werden. Die detailgetreue, digitale Planung war in der Lage das 1:1-Modell zu ersetzen. Ein Vergleich vieler Varianten konnte so zur Zufriedenheit der Bauherrschaft umgesetzt werden. Eine Erhöhung der Planungsqualität in allen Bereichen ist erkennbar.
Fotos: Jens Gerber